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Heimat für minderjährige Flüchtlinge
Sozialpädagogische Jugendhilfeeinrichtung mietet ehemaligen Löwen in Biesingen / Schulbesuch Pflicht


Der ehemalige Gasthaus Löwen soll künftig die neuen Heimat für minderjährige Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und Afrika sein. Zwei Mädchen aus Eritrea sind bereits hier, die offizielle Inbetriebnahme der sozialpädagogischen Einrichtung folgt am 2. November.

BAD DÜRRHEIM. Bis zu zwei Jahre lang waren sie unterwegs, bis sie Deutschland erreicht haben: minderjährige Flüchtlinge aus afrikanischen Bürgerkriegs- und Krisenregionen wie Eritrea, Somalia oder Mali. In Libyen werden sie häufig in Lager gesteckt und ausgebeutet. Die wenigsten waren mit ihren Eltern unterwegs, mindestens sieben Monate bis zwei Jahren waren sie unterwegs.

Im kleinsten Bad Dürrheimer Teilort, in Biesingen, sollen sie mit minderjährigen Flüchtlingen aus dem Nahen Osten untergebracht und betreut werden. Es ist nach der Außenstelle des Kinderhauses am Buchberg die zweite sozialpädagogische Jugendbetreuungseinrichtung in Biesingen.

Betrieben wird sie von Alexander Fetzer, der als selbstständiger Unternehmer seit 18 Jahren das sozialpädagogische Unternehmen "Soziale Kompetenz" führt und bei dem 14 Erzieher und Sozialpädagogen angestellt sind. Während er früher stationäre Einrichtungen betrieben hat, spezialisierte er sich in den letzten Jahren auf betreutes Wohnen für Jugendliche.

Im Moment hat "Soziale Kompetenz" Wohnungen in Villingen, Donaueschingen und Hüfingen angemietet und betreut dort Jugendliche, davon drei deutsche Minderjährige. Seinen Schwerpunkt sieht Alexander Fetzer im Moment in der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge (UmF), die unter dem Schutz des Kreisjugendamtes stehen.

Für die Unterbringung von 16 minderjährigen Flüchtlingen in Biesingen hat Alexander Fetzer die Betriebserlaubnis bekommen. Die Jugendlichen haben, sobald sie in den Schwarzwald-Baar-Kreis zugewiesen werden, einen Amtsvormund, einen Mitarbeiter des Kreisjugendamtes, der in der Regel auch einen Asylantrag stellt.

Die Jugendlichen können auch nach dem 18. Geburtstag einen Antrag auf weitere Betreuung stellen und können dann bis zum 21. Lebensjahr begleitet werden. "Unser Ziel ist die weitgehende Selbstständigkeit der Jugendlichen", sagt Alexander Fetzer.

Deshalb sind die Jugendlichen, wenn sie nach Biesingen kommen, zunächst in einer Jugendwohngruppe im stationären Bereich (acht Plätze) und werden dann, je nach individueller Situation, in die betreuten Wohnungen im "Löwen" überführt, das sind ebenfalls acht Plätze.

Die Jugendlichen, die nach Biesingen kommen, besuchen entweder die Vorbereitungsklassen an den öffentlichen Schulen in Donaueschingen, Villingen und Schwenningen oder die Vorbereitungsklasse mit zwölf Plätzen, die von Mutpol (Tuttlingen) und "Soziale Kompetenz" in Donaueschingen betrieben wird.

"Sie fahren mit dem Bus dorthin, die Jugendlichen bekommen alle eine Monatsbusfahrkarte, denn sie sollen ja selbstständig werden und andere Jugendliche besuchen. Außerdem bekommt jeder ein Smartphone mit einer 15-Euro-Prepaidkarte, damit sie mit ihren Familien Kontakt halten können und mit uns", kündigte Alexander Fetzer an. Wenn ein Jugendlicher zum Beispiel irgendwo steht und nicht weiß wo er ist, soll er die Umgebung fotografieren und an seine Betreuer schicken.

"Wir wünschen uns Unterstützung durch die Bevölkerung, zumindest Akzeptanz", sagt Fetzer. Der Ortsvorsteher und die Stadtverwaltung hätten schon ihre Unterstützung zugesagt. So wie von der Einrichtung im Schwarzwald-Baar-Kreis 40 unbegleitete Flüchtlinge in Privatwohnungen untergebracht sind, darunter die Hälfte in Villingen, betreut "Soziale Kompetenz" auch jetzt schon im Kernort Bad Dürrheim zwei Wohnungen mit insgesamt drei Jugendlichen.

"Wir suchen die Wohnungen ganz regulär auf dem Wohnungsmarkt, zahlen die Mieten und betreuen die Jugendlichen mit unseren Mitarbeitern", berichtet der Leiter. Weil aber der Bedarf an Plätzen immer größer wird, mietete Alexander Fetzer jetzt in Absprache mit dem Kreisjugendamt in Biesingen ein ganzes Haus.

Der ehemalige Gasthof Löwen wurde von Wolfgang Retzbach in den letzten Jahren saniert, die frühere Küche und der Saal sind noch vorhanden. In der Küche soll wochentags mittags für alle gekocht werden, eine Köchin oder einen Koch in Halbtagsanstellung sucht Fetzer gerade noch. Die Jugendlichen sollen jeweils zu zweit in einem Zimmer wohnen, alle Räume haben eine Dusche, im betreuten Wohnen auch eine Kochgelegenheit. Wichtig sind auch Rückzugsmöglichkeiten. "Für die Zimmer haben wir keine Putzfrauen, die müssen von den Bewohnern selbst in Ordnung gehalten werden", so Alexander Fetzer.

Zusätzlich gibt es im Haus noch Büro- und Besprechungsräume. Weil die Jugendwohngruppe rund um die Uhr betreut wird, gibt es auch noch eine Schlafgelegenheit für eine Betreuungskraft.

Gegessen wird im ehemaligen Gastraum, der Saal, in dem früher Theatervorführungen stattfanden, soll mit Tischtennis und Billard für den Freizeitbereich ausgestattet werden.

Die Jugendlichen kommen im Alter von 16 Jahren meist von einer LEA (Landeserstaufnahmeeinrichtung), sie müssen, wenn sie ohne Eltern in einer BEA oder LEA ankommen, in die Obhut eines Jugendamtes gestellt werden. "Die meisten haben eine lange Flucht hinter sich, wurden unterwegs ausgebeutet, manchmal missbraucht", so Alexander Fetzer.

"Das sind keine Wirtschaftsflüchtlinge, sondern Jugendliche, in deren Herkunftsländern Bürgerkrieg herrscht, weshalb sie keine Perspektive haben", berichtet Fetzer, "sie wollen etwas lernen, sind zuverlässig, umgänglich und nicht aggressiv", jedoch aber auch durch die Flucht und ihre Vorgeschichte belastet, manchmal auch traumatisiert. Die Einrichtungen gibt es Jugendlichen eine Tagesstruktur vor, an die sie sich halten müssen. "Sie lernen schnell Deutsch, ihnen ist klar, dass das die Grundlage ist", sagt Alexander Fetzer. Für ihn und seine Mitarbeiter sei es eine tolle Aufgaben, "dass wir ihnen hier eine Perspektive verschaffen können". In Biesingen werden sieben pädagogische Fachkräfte tätig sein. In den letzten drei Monaten kommen hauptsächlich Flüchtlinge aus Syrien und Nachbarstaaten, Afghanistan und Pakistan, sie sind zwischen vier Wochen und vier Monaten unterwegs gewesen. Doch nur für die Jugendlichen aus Syrien gilt: wenn sie als Asylanten anerkannt sind, dürfen auch die Familien nachkommen.

Ihre Aufgabe ist es auch, die Jugendlichen durch Schule, Berufsausbildung und Freizeit zu integrieren. So sollen die Jugendlichen in Vereine geschickt werden. Weil dieses Jahr wohl noch weitere 40 UmFs im Schwarzwald-Baar-Kreis ankommen will Fetzer noch ein weiteres Haus in Villingen-Schwenningen oder Donaueschingen anmieten.

Stolz ist der Einrichtungsleiter, dass ein Flüchtling, der vor zwei Jahren aus Mali kam und an der Realschule am Deutenberg in Schwenningen die Realschulprüfung bestanden hat, jetzt lernt er den Beruf des Erziehers und hilft beim Dolmetschen.

Info-Abend nächsten Mittwoch

Die Betreuungseinrichtung „Soziale Kompetenz“ lädt die Bevölkerung am Mittwoch, 28. Oktober, um 18 Uhr zu einem Informations- und Begegnungsabend in das ehemalige Gasthaus Löwen in der Mühlenstraße ein (gleich links nach der Ortseinfahrt aus Richtung Kreisel kommend). Es gibt auch einen kleinen Imbiss. Eingeladen sind alle Interessierten und insbesondere die Biesinger Bevölkerung.


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